Schöner Impuls, wenn auch auch eher auf einer schon fast philosophischen Ebene…
Ich bin ja nun nur "klassischer" Gestalter, sprich, was auf Papier oder sonstwo zu lesen / zu erkennen sein soll, soll dann bitte auch ordentlich aussehen. Sensibel macht das aber mindestens auch für andere Lebensbereiche. Wir sind viel zu oft mit
unfertigen Produkten konfrontiert. Wir sind es inzwischen so gewohnt, Beta-Tester des Lebens zu sein, dass es uns gar nicht mehr auffällt. Die alles überlagernde "muss billig sein"-Wolke fügt dem noch hinzu, dass ordentliche Gestaltung nicht als ein Produkt faktisch und funktional verbessernd angesehen wird, sondern als unnötiger "Bling-Bling". Zu dieser Wahrnehmung des "dient doch eh nur dem Aufhübschen" haben Kollegen von mir in klassischem und Industriedesign aber auch durchaus immer wieder nach Kräften selbst beigetragen.
Ich halte es da immer wieder mit einem Zitat, dass Herrn Saint-Exupery (ja, ja, der mit dem kleinen Prinzen…) zugeschrieben wird:
Zitat:
A designer knows he has achieved perfection not when there is nothing left to add, but when there is nothing left to take away.
Notabene: Der "Designer" ist hier nicht die Position, mit der wir im deutschen Sprachraum den existentialistisch schwarz gekleideten Hipster aus der Agenturszene betiteln. Gemeint ist durchaus der Ingenieur, der, der eine Mechanik, ein System, einen Prozess u.ä. entwickelt und/oder verändert.
Was mich – ich halte mich seit Tagen in diesem Thread zurück – durchaus zu der Frage bringt,
ob es das alles braucht. Ich persönlich bin recht froh darüber, den ein oder anderen Lebensbereich zu betreten, in dem ich nicht von piepsenden, mich über jeden auch noch so unwichtigen Status meiner Umgebung informierenden Geräten umgeben bin. Besser (schlimmer?) noch, in dem mir diese Geräte das Gefühl (die Illusion?) geben, in Folge auch mehr Macht und Einfluss auf meine Umgebung zu haben. Unter anderem gilt das für meine alte Mühle.
Man könnte sich – die nötige Portokasse vorausgesetzt – auch einfach ein modernes Moped mit vollem Mäusekino kaufen – fertig.
Dabei sei bitte von öder Technikfeindlichkeit in sofern unterschieden, als dass ich das "spielende Kind" im Menschen, dieses "es einfach mal machen, nur
weil ich es kann, in jeder Form wichtig finde. Denn in solchen per se erst mal nicht dem großen Ganzen und dem klar erkennbaren Fortschritt für Mensch und Universum dienenden Geprutsche liegt immer auch die Chance auf einen Erkenntnisgewinn, den es andernfalls nicht gegeben hätte. Aus diesem Gedanken heraus habe ich mich nicht einem schnöden "und was soll das alles für die alten Kisten"-Bashing hingegeben.
Ich benutze für mögliche Ergebnisse eines Prozesses immer gerne das Wort "elegant", wenn es dem Exuperyschen Prinzip nach gewonnen wurde.
- Es soll überhaupt eine Aufgabenstellung (AKA Problem) vorgelegen haben.
- Das Ergebnis soll diese Aufgabe auch vollumfänglich lösen.
- Es sollen durch die Umsetzung keine neuen, anderen Probleme auftreten.
- Die Lösung soll leicht umsetzbar sein.
- Sie soll nachhaltig (geringstmöglicher Aufwand, Ressourcen-schonend, Langlebigkeit, etc.) sein.
- Sie soll anwenderfreundlich sein. Und ja, es geht hier um das untere (!) Drittel auf der IQ- und Geschicklichkeitsskala der durchschnittlichen Anwender.
Das Verb "sollen" sei hier in der juristischen Bedeutung zu lesen: "soll" = "muss, wenn
irgend möglich".
Je mehr diese Punkte erfüllt sind, desto eher bezeichne ich eine Lösung überhaupt als eine solche und nicht nur als ein Stadium eines Lösungsversuchs. Und irgendwann dann auch als elegant. Und ja, Gestaltung ob nun "ingenieurstechnisch" oder "formgebend" kann in fast allen Stadien zur Effizienz beitragen. In sofern gebe ich Olaf da schon recht. "Funktioniert doch" ist eigentlich immer nur der Anfang…
@ Stefan, als Du anfingst, dass zu basteln, wusstest Du doch ziemlich sicher schon, dass man das mit den verwendeten Materialien würde darstellen können. Dass auf dem Weg der ein oder andere Kreis gedreht werden musste, die ein oder andere Unvorhersehbarkeit eine Herausforderung bot, okay. Aber die nicht weniger mühsame Arbeit, daraus eine "elegante" Lösung zu machen, u.a. z.B. durch interdisziplinäre Sichtweise, wie Olaf anführte … die würde jetzt erst beginnen…