Im Tank - Der mysteriöse Gegenspieler
April 2016: Schon lange habe ich das Gefühl, das Motorradfahren irgendwie nicht so sportlich ist, wie ein Hobbie sein könnte. Während ich so darüber sinniere, ziehe ich meinen Helm auf, die Handschuhe an und starte den Motor. Er kommt wie immer sofort und knackig, klingt aber heute irgendwie ein bisschen anders. Genau kann ich es nicht beschreiben, kein unschönes Geräusch, ein bisschen undefinierbar, und die Gasannahme ist ok, also denke ich mir, dass es vielleicht andere Laufgeräusche der Kette sind. Höhere Spannung und so, schließlich habe ich da letzte Woche, als ich die Kiste zuletzt bewegt habe, mal was nachgespannt.
Mein Motorrad schläft 100m entfernt von der Autobahnauffahrt, also hin da und sachte beschleunigen... ist der Plan. Leider bleibt ab einer gewissen Drehzahl alles Drehen am Gasgriff wirkungslos - es ist zwar hörbar, dass da Anstrengungen unternommen werden, aber es kommt nichts am Hinterrad an. Also auf den Standstreifen, Seitenständer raus, der Blick fällt auf den Boden, wo sich eine große Lache Flüssigkeit bildet und immer größer wird. Schnell den Motor abgestellt, abgestiegen, Finger rein, Nase dran: Benzin! Erstmal schlecht, denn viel Benzin + Auspuff = viel Feuer. Also schnell die Möhre etwas weiter schieben, damits nicht in der Lache steht.
Da kommt mir die Eingebung: Das ist ein Einfall des Himmels - die Geburtsstunde des KFZ-Triathlon! Fahren, schieben, schrauben, alles mit nahtlosem Übergang und wechselnder Reihenfolge.
Als Hauptsponsor bewirbt sich anscheinend gerade eine unkooperativen Versagerbank, denn aus deren linkem Belüftungsschlauch kommt die ganze Suppe herausgesprudelt. Sobald ich testweise auf PRI stelle, läuft da anscheinend im Kurzschluss direkt aus dem Tank eine saftige Menge Sprit heraus. Und tropft teilweise sogar auf den Auspuff.
Das Leid ist groß, aber den Kilometer bis nach Hause kann ich schieben, und gnädigerweise erlaubt mir ein Stück vergessene Leitplanke an der Autobahnauffahrt, direkt vom Standstreifen auf den Bürgersteig zu wechseln. Dann geht das Rätselraten los, es endete mit dem Versand der gesamten Vergaserbank an die liebe Nina (ninas-bikershop.de), die sich der Reinigung annahm.
(Es sei übrigens lobend erwähnt, das der Fahrer eines hergerichteten Amischlittens extra für mich angehalten hat, und mir mit Starthilfespray aushelfen wollte. Passte im Endeffekt nicht zum Problem, aber die Geste weiß ich zu schätzen.)
Der 51J-Motor holt in Wirklichkeit nur 45 kW aus der Benzinverbrennung, die restlichen 9 kommen aus einem kleinen Kohlekraftwerk. Nur deswegen sieht diese Vergaserbank so dreckig aus, mir ist da nämlich beim Nachschippen etwas Kohlestaub draufgefallen.
Da liegt das Elend in den Schwimmerkammern. Schaut schon irgendwie nach Rost aus. Woher der wohl kommt?
Die Siebe vor den Schwimmernadeln. Schmock, Schmock, Schmock.
Auch vor den Sieben sieht es dreckig aus.
Etwas ZU dreckig.
Die Koni der Nadelventile sind aber noch top in Schuss und werden von Nina auf ihren Vorschlag ohne Tausch wieder eingebaut.
Was nun, denke ich mir... ich habe weder Zeit noch Geld für eine professionelle Tanksanierung. Als Sofortmaßnahme wird, von den meisten Forenteilnehmern kritisch bewertet, ein Benzinfilter zwischen Tank und Vergaserbank eingeführt.
Der kleine Racker an seinem neuen Arbeitsort. Sieht so billig aus, wie er war, funktioniert aber ganz gut. Zwölf Liter in der Stunde sind allerdings eine akute Bremse für Vollgasorgien auf der Autobahn (die ich allerdings auch bisher nicht gemacht habe).
Monate später: Ich habe mal Zeit und warum nicht mal das Problem mit dem Tank angehen? Also abgemacht, Benzinhahn runter, und... sollte der nicht... diese Röhrchen oben drauf haben? Zwei, oder so? Stattdessen hat er einfach nix. Zwei Löcher in denen vom Benzin angelöste Lackreste der Tankunterseite stecken. Das Aussehen erinnert mich an das, was weiter oben im Nadelventilsiebchen hing. Mit viel Geduld, einem Draht in der einen und der Taschenlampe in der anderen Hand fummle ich im Tank herum, um ein erspähtes Röhrchen zu extrahieren. Mit Kopfschmerzen von den leckeren Benzindüften (so fühlt sich wahre Liebe an!) gelingt es schließlich. Es scheint das lange zu sein, das kommt wohl auf... ja, welche Öffnung am Benzinhahn ist denn für Reserve, und welche für den Normalbetrieb? Ich weiß es nicht... aber zum Glück hat nur eine den passenden Durchmesser fürs Rohr.
Ich schüttle weiter, aber außer dem Füllstands-Sensor ist nichts zu hören im Benzinfass. Ein paar Milliliter Sprit wollen einfach nicht raus, und es scheint sowas wie ein kleines Steinchen drin zu sein. Wo ist denn das Feuerzeug, das will ich mal im Detail sehen...
Neiiiiin, natürlich nicht. Bilder aus dem Inneren:
Etwas wilde Schweißungen haben hier stattgefunden, aber das ist ja nicht das Thema.
Auch hier irgendwie nichts ungewöhnliches.
Und hier fehlt mir jetzt die Expertise: Ist das Rost? Habe ich das Problem gefunden? Schaut so gleichmäßig aus...
Irgendwie bin ich mir nicht sicher. Auch nicht, ob das Besprühen mit Rostlöser von der Tanköffnung her überhaupt einen Effekt haben könnte, und wie ich die Brühe dann restlos da rausbekäme. Arbeitsplanung wär mal angesagt, so vorneweg, aber dafür war ich heut zu spontan. Und verkatert, da will man nur in Ruhe schrauben.
Also das lange Röhrchen in den Benzinhahn, hoffen, dass die Originaldichtungen dicht halten, und alles wieder zusammenbauen. Neuen Benzinschlauch und kein Filter dieses mal.
So, Freunde des Zweirads, sagt mir: Was ist denn das für ne rötliche Linie? Rost? Der Feind? Oder doch nur irgendein harmloses Phänomen?