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Keine Rechtssicherheit in Sachen Motorradbereifung

Di 10. Aug 2021, 04:27

Hallo zusammen,

unter https://xjfahrer.bboard.de/board/ftopic ... 12284.html habe ich mich schon ausführlich zum Thema und Folgen der Verlautbarungen des Verkehrsblattes 15/2019 S. 530 zu Motorradreifenumrüstungen ausgelassen.

Hier dazu unter der "Modellübergreifenden Rubrik" nun mein abschließendes Fazit nachdem ich Stand heute (10.08.2021) zu dem Thema nahezu alle beteiligten Organisationen, beginnend vom BMVI, Bundeskraftfahrtamt, Verkehrsministerium des Landes Bayern (Wohnen, Bau, Verkehr), der Zulassungsbehörde des Landkreises München, dem TÜV Süd bis hin zur einer Motorradprüfgruppe der Autobahnpolizei kontaktiert habe um herauszufinden, nach welchen Regularien nun tatsächlich Reifenänderungen bei Fahrzeugen mit nationaler Typisierung und Reifenfabrikatebindung durchzuführen sind.

Fakt dazu ist, daß es dazu momentan 2 in Teilen divergierende Regelungen gibt:

A. Nach dem BMVI-Verkerhsblatt 15/2019: Bei allein einer Reifenfabrikateänderung ( Typ, Grösse, Tragfähigkeits- und Geschwindigkeitsindexe bleiben entsprechend dem Eintrag im ZB1 gleich): Bei Reifen mit einem Produktionsdatum bis 31.12.2019 genügt das mitführen einer "alten Unbedenklichkeitsbescheinigung der Reifenhersteller", ab Reifenproduktionsdatum 01.01.2020 ist eine Abnahme nach §19.3 durch eine Prüforganisation durchzuführen, da ansonsten die Betriebserlaubnis erlischt.

B. Nach der "AKE"-Verlautbarung vom 19. Januar 2021 gilt dazu für die Prüfgesellschaften (TÜV u. Konsorten) bei der HU: Änderungen wie unter A beschrieben (=nur Fabrikateänderung) werden bei Fahrzeugen mit nationaler Typisierung künftig analog wie bei Fahrzeugen mit EU-Typisierung gehandhabt. Es genügt eine mitzuführende Reifenherstellerfreigabe/-bescheingung (dies eine Vorgabe, die im Gegensatz zur Verkehrsblatt-Verlautbarung!) . Eine Abnahme nach 19.3 STVZO ist nicht notwendig. Die Betriebserlaubnis erlischt nicht.

Ich habe daraufhin zu diesen divergierenden Vorschriften/Maßnahmen das BMVI um Stellungnahme gebeten. Ergebnis: Man behart auf den eigenen Ausführungen des Verkehrsblattes und verweist hinsichtlich der AKE-Festlegungen auf das Bundeskraftfahrtamt, dass dem "Arbeitskreis Erfahrungsaustausch" vorsitzt. Eine Antwort von dort steht leider bis heute aus. Anfragen bei Prüforganisationen zeigen wiederum, daß vorwiegend nach der AKE-Regelung geprüft wird. Die schon etwas zurückliegende Anfrage bei der erwähnten Motorradprüfgruppe zeigte, daß diese eher nach AKE-Maßstäben prüft. Ein Anruf bei meiner KFZ-Zulassungsstelle ergab, daß dieses Thema rein fachlich dort noch nicht so richtig present war.

Internetrecherchen in anderen Motorradfahren ergaben dazu infolge das Bild, daß sich jeder - je nach Art der Typisierung des eigenen Mopeds (EU- oder nationale Typisierung) - sich nun die ihm genehme Vorschrift (Verkehrsblatt o. AKE) heranzieht. ;o))

Die Folge dieser nun fast schon krotesk anmutenden Gesamtsituation kann nun dazu führen, daß man im worst-case trotz frischer HU bei einer polizeilichen Fahrzeugkontrolle mit einer sofortigen Stillegung wegen erloschener Betriebserlaubnis konfrontiert werden kann.

Welch ein rechtliches Tollhaus.

Bleibt gesund und legt Euch eine gute Rechtschutzversicherung zu.

Grüsse
Herbert :D

Di 10. Aug 2021, 04:27

Di 10. Aug 2021, 15:04

Es gibt schon Rechtssicherheit, Herbert.

Beispiel: du ziehst neue Reifen auf, TÜV Prüfer und Polizei sind damit einverstanden, dass du mit der Herstellerfreigabe herumfährst. In Rumänien und Bulgarien wirst du angehalten und zahlst Strafe, weil dort das Fahrzeug den Regeln des Herkunftslandes entsprechen muss. Rechtssicherheit hast du also, wenn du neue Reifen aufzieht und sie eintragen lässt.
Nochmal: das Austragen von Reifenbindungen wurde zwar gemacht, wurde aber weder vom Verkehrsminister noch von der EC gewünscht und gut geheißen, weil Motorräder nun mal mit einer Reifenbindung das Grau der Straße erblicken. Alle Novellen, die dazu erlassen wurden, dienen dazu, diesen, einmal heiligen Zustand wieder herbei zu führen.

Das mag aus unserer Sicht krampfig sein, aber wir sind nicht das Maß aller Dinge. Ein Großteil modernen Moppeds wird mit 180 PS und mehr verkauft. Die Bremsen sind z.B. so gut, dass es bereits Tote gab, weil Mopedfahrer sich nach vorne überschlugen.
Dazu gibt es jedes Jahr neue Fabrikate an Billiganbietern und auch die etablierten Markenhersteller wandern in Billigländer ab. Der sparsame Konsument weiß doch nicht, was er kauft. Aus Sicht einer besorgten Mama ist das nicht ohne.

Grüße, Olaf

Di 10. Aug 2021, 16:03

[Quote="Olaf"]Rechtssicherheit hast du also, wenn du neue Reifen aufzieht und sie eintragen lässt. [/quote]

So hab ich das schon immer gemacht und mir hat noch nicht mal der Provinz Carabinieri in der Toscana den Schlagstock in die Speichen werfen können.
Nur weil er die mitgeführte Bescheinigung / Freigabe nicht lesen konnte (wollte).
Die ganze Diskussion ist noch nur weil viele auf die Freiheit pochen und jederzeit irgendeinen Reifen montieren wollen.

Ich habe umgerüstet von Zoll auf metrisch und bei einem Motorrad nur zwei Fabrikate eingetragen bekommen.

Bei dem Zweiten kann ich jeden Reifen in passender Grösse montieren.

Gruss Axel und bleibt Gesund!

Di 10. Aug 2021, 18:56

Sorry Olaf, das sehe ich leider etwas anders.

Ein Beispiel:
Das BMVI z B. macht mit seinem Verkehrsblatt die Vorgabe, dass auf Motorräder mit EU-Typisierung und Reifenfabrikatebindung künftig auch "fremde" Reifenfabrikate montiert werden dürfen, sofern die übrigen Rad-/Reifen-Parameter der ZB1 entsprechen. Dies ohne Mitführung einer Reifenherstellerbescheinigung und ohne zwang einer Abnahme seitens einer Prüfgesellschaft. Dies bedeutet nichts anders, als bei EU-typgenehmigte Motorräder die in der ZB1 oder COC eingetragene Fabrikatebindungen keine Relevanz mehr hat.

In der AKE-Verlautbarung ist diese Reifen-Fremdfabrikatmontage nicht mehr so "frei" zulässig, da nun eine Reifenherstellerbescheinigung dazu mitzuführen ist. Also können/dürfen jetzt in diesen Falle lt. AKE nur Reifen mit entsprechender Reifenherstellerbescheinigung montiert werden.

Dies nur als ein Beispiel von weiteren Diskrepanzen zwischen der Verkehrsblatt- und AKE-Verlautbarung.

Jetzt frage ich mich: Welche Regelung gilt nun? Das BMVI äussert sich dazu nicht konkret und verweist nur auf ihr Verkehrsblatt.

Als weitere Folge daraus kann nun auch zudem festgestellt werden, dass die verschiedenen Motorradgruppierungen nun ihr Vorgehen je nach Typisierung ihrer Mopeds nach der Verlautbarung ausrichten, die ihnen am genehnsten ist. Und das kann ja wohl nicht im Sinne aller Beteiligten sein.

Für mich ist dies deshalb mittlerweile "Toolhaus" pur.

Grüsse Herbert

Di 10. Aug 2021, 22:13

herbert (4bb 4km) hat geschrieben:Sorry Olaf, das sehe ich leider etwas anders.

Ein Beispiel:
Das BMVI z B. macht mit seinem Verkehrsblatt die Vorgabe, dass auf Motorräder mit EU-Typisierung und Reifenfabrikatebindung künftig auch "fremde" Reifenfabrikate montiert werden dürfen, sofern die übrigen Rad-/Reifen-Parameter der ZB1 entsprechen. Dies ohne Mitführung einer Reifenherstellerbescheinigung und ohne zwang einer Abnahme seitens einer Prüfgesellschaft. Dies bedeutet nichts anders, als bei EU-typgenehmigte Motorräder die in der ZB1 oder COC eingetragene Fabrikatebindungen keine Relevanz mehr hat.


Grüsse Herbert


Ich sehe das so, dass die EU keinen Bock hat, Rechts-Streitigkeiten um dieses Thema bis in eine Zeit zurück auszuweiten, in der das Kürzel EU ein Fremdwort war. Sie müssen also einen Stichtag festlegen und ich weiß leider aus dem Kopf immer noch nicht, ob der ins Jahr 2000 oder 2002 fällt. Ganz sicher aber hat diese Neureglung nichts zu tun mit Motorrädern die 1982 gebaut wurden.
Die Frage, was mit denen passieren soll, hat man sich in Brüssel sicher auch gestellt. und man hat eine Übergangsregelung gefunden. Motorräder, die vor diesem Stichtag gebaut wurden, dürfen bis zum Jahr 2024 ohne Reifeneintrag herumfahren, sofern die Reifen DOT Kennung < als 2020 ist und sie die gleiche Größe wie in den Papieren aufweisen. Du kannst sicher sein, bis zum Jahr 2024 wird es diese oder jene Auslegung geben, danach ist Schluss mit lustig. Unser Motorräder wurden allesamt mit einer Reifen-(Profil-) Bindung auf die Welt gebracht, und von den Schreibtischtätern hatte keiner Bock, wegen einer evt. Unfallserie seine Karriere zu riskieren. Es hat sich niemand für eine liberalere Lösung stark gemacht.
Bei mir hat der TÜV Mann dieses Jahr nach dem Reifen DOT geguckt, die Freigabepapiere haben ihn nicht interessiert.

Wichtiger bei deiner intensiven Ergründung wäre mir herauszufinden, ob mit den Freigabepapieren bei gleicher Reifengröße flächendeckend ein Eintrag auf der Schreibstube für kleines Geld ohne aaS Gutachten möglich ist.

Grüße, Olaf

Mi 11. Aug 2021, 05:10

Hallo Olaf,

lassen wir mal diesbezügliche EU-Regelungen inhaltlich außer acht und betrachten wir mal was wir allein auf nationaler Ebene umsetzen.

Dazu hat zum einen

1. das BMVI in Zusammenarbeit mit den Ländern die Neuerungen im Verkehrsblatt 15-2019 herausgebracht. (ich empfehle dazu als Einstieg mal die Zusammenfassug des ADAC zu lesen: https://assets.adac.de/image/upload/v16 ... epkaw3.pdf )

2. zum anderen der AKE seine diesbezüglichen HU-Durchführungsbestimmungen im Januar 2021 herausgegeben. (findest Du im Netz unter dem Suchbegriff "Beurteilung Bereifu0001")

Die Problematik nun:
Einige Festlegungen des BMVI im Verkehrsblatt 15/2019 sind auf Grund ihrer offensichtlichen Willkür und Unvereinbarkeit mit den gesetzlichen Grundlagen der STVZO nicht anwendbar.

Nachdem dies sowohl die Prüforganisationen wie auch weitere davon betroffene Organisationen sehr schnell bemerkt haben, hat nun der AKE seine "Beurteilung.....vom 19.01.2021" nachgeschoben und dabei neue Regelungen getroffen, die in wesentlichen Punkten dem BMVI-Verkehrblatt-15/2019 widersprechen. Und dies nicht nur in den Punkten, die ursprünglich rechtlich als strittig erkannt wurden, sondern auch bei Themen die im Grunde rechtlich ok. waren. - Wie z. B. im Fall 1a, der generellen Aufhebung der Reifenfabrikatebindung bei Fahrzeugen mit EU-Typisierung. Nach dem Verkehrsblatt 15/2019 hätte man bei den relevanten EU-typisierten Fahrzeugen die Reifenfabrikatebindung m.E. ohne jegliche Begutachtung auf der Zulassungsstelle austragen lassen können. Ob eine solche Austragung nach dem AKE-Beschluss nun noch möglich ist, ist m.e. ungewiss. (Tipp: Einfach mal bei der Zulassungstelle nachfragen, - viel Spaß dabei. ;) )


Deshalb frage ich nochmals: Wessen Festlegungen (BMVI o. AKE) sind nun für uns betroffene Motorradfahrer rechtsverbindlich?


Grüsse
Herbert
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