Letzte Meldung von der Gabel.
Nein, jetzt nicht die Stimmgabel. Die zwei schwatten Dinger vorne, wo oben die blanken Stengel rausgucken. Die unten von der Achse zusammen gehalten werden und oben vom Lenker. Und wo die Laterne dran rum bammelt. Ja, die meine ich. Da hatte ich doch erst vor wenigen tausend Kilometern neue Simmerringe rein gefummelt. Tja, dicht gehalten hatten die nicht besonders lange. Hätte ich doch besser euern Rat mit den originalen Yamaha-Teilen befolgt. Aber ich weiß ja immer alles besser. Schietkrom.
Na gut, bevor ich mich mit Gabelöl verseuchten Reifen und Bremsen auf die Fresse lege, bin ich vor ein paar Tagen dran gegangen. Der Zufall wollte, dass mein Schemel sowieso auf die Bühne musste, um die Hufe neu zu beschlagen. Jetzt kann ich, wem es noch neu ist, zeigen, wie die fünf-fuffziger Forke von innen aussieht und wie man da rein kommt.
Ein Gabelbein, vom Motorrad ringsrum befreit, im Schraubstock. Meiner hat selbstgedengelte Schonbacken aus Bleiblech vom Klempner, die tun dem Chrom nichts. Auf dem rechten Bild drückt die Schraubzwinge den Stopfen runter, um den drahtenen Sicherungsring heraus zu fummeln. Dann bringt die Feder den Stopfen ans Tageslicht und man kann beides heraus nehmen.
Links läuft zehntausend Kilometer altes Gabelöl heraus, gestresst vom vernachlässigten Straßenwesen in meiner Stadt. Rechts steckt der Gabelholm auf dem im Schraubstock eingespannten Eigenbau-Werkzeug mit 19er Schlüsselweite, hergestellt aus einem 70 cm langen M12er Gewindestab, an beiden Enden mit gekonterten Muttern-Pärchen versehen und mit einer zusätzlichen Mutter zum Einspannen. So hat man alles in bequemer Arbeitshöhe.
Die Gewindestab-Konstruktion dient zum Gegenhalten des Dämpferrohres beim Lösen der Fussschraube (links) mit einem 8er Inbusschlüssel, um Stand- und Tauchrohr zu trennen.
Ein paar Kleinteile, deren Position man sich merken sollte. Die Fußschraube mit ihrer Dichtung, die Anschlagfeder und der Konus für das untere Ende des Dämpferrohres. Der Konus hatte innen etwas Schlamm gesammelt.
Da sind wir schon, wo wir hin wollten. Die Staubschutzdichtung kann man mit einem Schraubendreher heraus hebeln. Darunter die Drahtklammer mit einer Spitzzange packen, dann den Simmerring raus. Und dann das übliche - putzen.
Ein Blick in die Tiefe des Tauchrohres zeigte, dass auch hier Entschlammen sinnvoll war. Der Mist da unten kommt wohl beim puren Ölwechsel nicht einfach so zur Ablassöffnung heraus. Intensive Spülung mit Waschbenzin holte das hier nach.
Die oberen Gleitringe zeigten sich noch in erstaunlich gutem Zustand mit vollständig erhaltener Teflonbeschichtung. Wie schön. Sonst hätte ich mir einen Auszieher besorgen müssen, denn der Ring sitzt knallfest. Untere Gleitringe gibt es bei diesem Modell nicht.
Das Dämpferrohr. Links das obere Ende hat innen den erwähnten 19er Sechskant zum Gegenhalten, rechts das Gewinde für die Fußschraube. Der Kolbenring aus Kunststoff sieht etwas mitgenommen aus. Wenn es den als Ersatzteil gäbe, wäre da jetzt ein neuer drin. Gibt´s aber nur als komplettes Dämpferrohr für 80 Euro das Stück, und so schlimm ist es nun doch nicht.
Hier das Druckstufenventil am unteren Ende des Standrohres. Es scheint in Ordnung zu sein. Es kam nur beim Durchspülen eine Menge Dreck raus. Mehr als dass der Ventilteller beweglich ist und federt kann man da eh nicht testen, weil keins der Einzelteile herausnehmbar ist. Somit entfällt eine Messung der Bohrung, die Aufschluss über Verschleiss liefern könnte. Auch eine möglicherweise erlahmte Ventilfeder ist bei der Konstruktion nicht ersetzbar.
Dann beim Zusammenbau passierte die blamable Sache mit den Dichtringen. Irgendwas muss ja immer schief gehen in meinem Chaos. Ich hatte noch einige originale rumliegen, auch 35/48er für eine SR 500, deshalb keine neuen besorgt, dabei aber vergessen, auf die Bauhöhe zu achten. Die Serienteile haben die Maße 35 x 48 x 8/9.5, diese waren ein paar Millimeter dicker, was bedeutet, die Haltefeder ging nicht rein. Retter in der Not waren meine selbstgeschnitzten Protektoren aus Abwasserrohren (links). Die kamen wieder dran und halten jetzt mit ihrer Innenkante das Dichtringpaket an seinem Platz. Die Dichtungen der M4 Ablassschrauben machten keinen guten Eindruck mehr. Da passen auch O-ringe 4 x 1,5. An den Fußschrauben unten sind Kupferdichtungen 10 x 16 x 1, das sind die gleichen wie an den Hohlschrauben der Bremse.
Die Füllung ist 10er HI-Q Gabelöl von Polo. Hier sauge ich den Ölstand auf die angegebenen 165 mm (eingefedert ohne Feder) herunter. Ein Strich am Schlauch hilft dabei. Das scheint mir genauer zu sein als mein Messbecher, der 230 ml nur so ungefähr erkennen lässt.
Die serienmäßigen gegen progressiv gewickelte Federn zu tauschen ist ja die am häufigsten angewandte Kur. Hier waren die aber schon drin, entweder serienmäßig oder irgendwann vor meiner Zeit nachgerüstet. Experten sind sich da nicht einig. Die Federn haben entspannt noch ihre Soll-Länge von 518 mm.
In irgend einem schlauen Buch hatte ich gelesen, dass eine Federung idealerweise ein Drittel ihres gesamten Weges zum Ausfedern zur Verfügung haben sollte, den sogenannten Negativ-Federweg. Bei mir hatte ich bisher fast die Hälfte gemessen: 50 mm von gesamt 120. Das sollen jetzt 13 mm lange Distanzstücke, oberhalb der Federn eingebaut, ins rechte Lot bringen. Damit haben sie etwas mehr Vorspannung. Dann im belasteten Zustand nachgemessen, also mit mir drauf und etwas Gewicht im Topcase - es ist jetzt bei dem angestrebten Drittel.
Was es gebracht hat? Anfangs nur Verlust an Komfort. Besonders auf guten Straßen wollten die Dinger einfach nicht ansprechen. Nur bei heftigen Wellen machten sie sich an die Arbeit. Das Losbrechen ging wohl mit den neuen Dichtringen noch zu schwer, obwohl ich sie eingeölt hatte. Inzwischen nach etlichen Kilometern ist es besser geworden. Die Federung fühlt sich besonders in Kurven straffer an, man kann genauer fahren, beim Bremsen taucht das Vorderteil merklich weniger ein, bei Bremsübungen kommt es nicht mehr an den Anschlag. Dass die Front jetzt höher ist, fällt optisch nicht auf. Die kleinen Änderungen an Winkel und Nachlauf wirken sich nicht nachteilig aus, zumindest bei meinen Reifen.
Ein gutes Ergebnis, wie ich finde. Allein schon wegen der Reinigung kann ich diese Aktion zur Nachahmung empfehlen.