Bremsen und.....noch irgendetwas anderes, das würde er bei Fahrzeugen nie selber machen. Sagte dereinst ein entfernter Grossonkel beim Kaffeetrinken. Ich schon, immer. Erwiderte ich. Die Teile wären einfach zu wichtig, um es Normarbeitszeit von einer Werkstatt erledigen zu lassen.
Nun fahren wir ja auch Motorrad, und man hat die Bremsanlage eigentlich immer gut im Blickfeld. Seit einiger Zeit war klar: beim nächsten Wartungsintervall sind nicht nur die Belege fällig, sondern auch die Bremsscheiben müssen erneuert werde. In den vergangenen Wochen habe ich mich deshalb schon nach den passenden Teilen umgesehen, irgendwann lag alles im Regal und gestern sollte es dann zur Sache gehen.
Der erste Weg, führt wie so oft bei Arbeiten am Motorrad, in den Getränke Fachmarkt. Diesmal fiel die Wahl nicht auf Krombacher-Elf, sondern auf Schöfferhofer Weizenbier. Diese „halben“ Bierkisten passen nämlich nahezu perfekt unter die Krümmerrohre, und verhelfen so Motorrädern mit ausgebauten Vorderrädern während der Arbeitsphase zu verbesserter Standfestigkeit.
So konnte es losgehen, und als erstes wurden die beiden Bremssättel herunter und in Augenschein genommen. Die Beläge waren wie erwartet bis an die Verschleißgrenze abgenutzt, die Scheiben ebenfalls. Zunächst wurden die alten Beläge ausgebaut und das Innere der Sättel mit Bremsenreiniger aus der Sprühdose einer Reinigungsprozedur unterzogen. Es lagert sich im Lauf der Zeit eine Melange aus Staub und Belagabrieb an, der sich insbesondere auch gern auf den Bremskolben sammelt. Die Kolben sollten nach Möglichkeit wieder blitzblank sein, weil sie sich problemlos im Bremssattel hin- und herbewegen sollen. Was natürlich nur funktioniert, wenn die Gleitflächen sauber sind.
Zunächst mussten die Kolben erheblich zurückgedrückt werden. Am besten bewerkstelligt man dies, indem man die alten Bremsbelege zum Schutz der Kolben wieder lose aufsetzt, und die Kolben dann Stück für Stück zurückdrückt. Manche nehmen hierfür eine kleine Schraubzwinge. Bei mir hat ein dicker Schraubendreher als Hebelwerkzeug geholfen.
Sinnvoll war es, den Deckel des Bremsflüssigkeitsbehälters zu lösen, damit der rückwärtig aufgebaute Druck entweichen kann. Die Sache ging dann deutlich leichter. Und bei neuen Belegen plus neuen Scheiben müssen die Kolben nahezu gänzlich ins Gehäuse zurück: maßen die alten Scheiben und Beläge gerade noch 12mm, sind die neuen Scheiben mit EBC Belägen exakt doppelt so dick.
Nachdem die Bremskolben nun vorbereitet sind, stand der Ausbau der Bremsscheiben auf der to-do Liste. Diese sind bei meiner XJ mit M8 Inbuschrauben angebaut, die zwar mit keinem hohen Drehmoment angezogen werden, dafür aber mit Schraubensicherungspaste zusätzlich fixiert sind. Zum Lösen ist also schon erheblicher Kraftaufwand erforderlich. Hilfreich hierbei war ein kleiner Brenner den Dieter neulich in Fernostasien entdeckt hatte. Denn gezielte Wärme macht die Schraubenpaste wieder nachgiebig.
Zwei Schrauben hatte ich zuvor unerwärmt losdrehen wollen, und beide waren sogleich „rund“. Aber auch hierfür gab es aus dem Notfallkasten ein probates Mittel, welches unerwartet erfolgreich eingesetzt werden konnte
http://motorrad.plusboard.de/schraube-v ... -t541.html
In den Gewindegängen zurückgebliebenes zuviel an Sicherungspaste habe ich bei einigen Bohrungen mit einem passenden M8 Gewindeschneider vorsichtig entfernt. Hierbei soll man sorgsam zu Werke gehen, damit man nicht aus Versehen das Gewinde beschädigt. Also an dieser Arbeit vorsichtig und ohne Kraftaufwand herangehen, damit man nicht aus Versehen komplett neue Gewinde schneidet und beim Zusammenbau plötzlich Überraschungen erlebt.
Der Zusammenbau war danach recht einfach: Die neuen Scheiben ließen sich problemlos auf dem Sitz an der Felge montieren, die EBC Beläge fühlten sich in den gereinigten Bremssätteln ebenfalls auf Anhieb wohl, und so war nach 3 Stunden alles erledigt und startklar für eine vorsichtige Probefahrt. Die Bremswirkung war mit neuen Scheiben und Belegen wie zu Erwarten dramatisch besser als zuvor, auch wenn sich zunächst die augewechselten Teile erstmal ein wenig auf einander einlaufen musen. Und die Flüssig-Schraubensicherung sowie spätere Kontrolle aller Schrauben auf festen Sitz darf nach solchen Eingriffen ebenfalls nicht vergessen werden.
_________________
Da es sich um eine private Meinungsäußerung handelt, ist jedweder Garantie oder weitere Gewährleistung ausgeschlossen ;-)
Technical Info: XJ 900 4BB - 275 Tkm - 1. Motor (ungeöffnet) - inzwischen 5. Sitzbank ( mehrfach "geöffnet"
)