Hallo liebe Community,
ich habe nach einiger Tests mit meiner digitalen Spritmesser bemerkt, dass da etwas nicht stimmte. Gefühlt gingen die ersten 15% ziemlich schnell weg, dann blieb meine Anzeige zu lange auf 50% rum und der letzte Bereich ging auch wesentlich schneller weg. Zudem bemerkte ich, dass wenn auf Reserve geschaltet ist, dass die Tankanzeige durchgängig auf Leer bleibt. Also wollte ich die Sache nachgehen und die mathematische Funktion für die Tankanzeigenberechnung verbessern.
Das wird womöglich ein etwas längerer Post. Wer nur die Ergebnisse sehen möchte, den empfehle ich, ganz zum Ende zu scrollen.
Verdacht
Der Ursprungsverdacht ist: Das Intervall, wie der Sprit weniger wird, ist am Anfang hoch, dann wird es geringer und gegen Ende wird der Tank sehr schnell leer.
Laut Handbuch soll die Tankanzeige Voll um die 3 Ohm und leer 102 Ohm zeigen. Was dazwischen passiert, wird im Handbuch nicht geschrieben. Als ich damals hier in Forum fragte, hat man mir eine lineare Annäherung empfohlen. Das reichte mir nicht so ganz. Also bin ich 150 km gefahren, diesen Wert als "Tank Halbvoll" angenommen und den Widerstand gemessen. So hatte ich drei Punkte und konnte quadratisch die Näherungsfunktion bestimmen. Der Anfang und vor allem kurz vor Leer hat die Anzeige aber nicht gestimmt.
Gut, wenn die Anzeige 10% anzeigt, sollte man sowieso schon die nächste Tankstelle anvisiert haben.
Versuchsaufbau und Methodik
Der Tankgeber wird mit Arduino verbunden, welches sich in den letzten Monaten in meinem Motorrad im Betrieb befand. Arduino liest den Widerstand über ein 10Bit AD Wandler und liefert diese Daten samt Auslesezeitpunkt (Millisekunden seit dem t=0) an meinem Laptop über die Seriellen Schnittstelle (USB)
Der Sprit wird einfach über die Tankauslassventil mit der Stellung auf "PRIM" herausgelassen und in sauberen Eimer und Benzinkanister für spätere Messung der Menge zwischengelagert.
Anschließend werden die Messpunkte am Computer ausgewertet.
Annahmen & Kompromisse
Die Abnahme des hydrostatischen Drucks und damit verbundene Abnahme der Abflussgeschwindigkeit wurde als linear angenommen: Jeder kennt das Experiment. Je höher die Wasserspiegel, desto weiter spritzt das Wasser, wenn ein Loch ganz unten im Glas entsteht. Das heißt eigentlich: je leerer der Tank wird, desto langsamer wird der Tank leer (da der Benzinspiegel sinkt und damit die potenzielle Energie sinkt [m*g*h])
Durchführung
Durch die gleichzeitige Betätigung der Start Taste und Drehen des Tankventils wurde die T=0 Marke gesetzt. Wenn der Tank leer ist, wurde die Timestamp notiert und die Daten in eine CSV exportiert. Anschließend wurde der Inhalt der Eimer in einem Messbecher gegeben und nach der Messung zurück in den Tank geschüttelt.
Evaluation
Es dauerte 1091,526 Sekunden (ca 18 Minuten), bis der Tank leer war. Innerhalb dieser Zeit wurde ziemlich genau 19 Liter Sprit herausgelassen. Das macht einen durchschnittlichen Spritauslass von 1,05 Liter pro Minute. Das Plotten der Daten ergibt folgenden Bild.
Um eine (bzw in diesem Fall zwei) Näherungsfunktionen zu erstellen, musste ich in Excel eine vereinfachte Version von dem ganzen Erstellen. Dafür wurden 300 Messpunkte zusammengerechnet und durchschnitt genommen. Dadurch wurde das Rauschen ebenfalls ein wenig unterdrückt und man bekommt eine wesentlich schönere (zumindest schöner zu rechnen) Kurve raus, welches in Ergebnisbereich ausführlicher erklärt wird.
Ergebnisse
Das Erste, was mir aufgefallen war, dass der Tank lediglich 19 Liter Benzin rausgegeben hat, statt wie im Handbuch beschrieben 22 Liter. Wo sind die letzten drei Liter? Die Antwort lautet: Teilweise im Tank. Der Tank hat im Fahrtrichtung rechts einen Flügel, in dem zwar Benzin gespeichert wird, aber das Benzin nicht benutzt werden kann, da das Tankventil links sich befindet. Der Fluch der Fallbenzinanlagen würde ich sagen. So konnte ich durch ständiges Drehen im ausgebauter Form noch ein ganzer Messbecher (1.5 Liter) voll Benzin rauskitzeln (auf den man in normalen Fahrtbedingungen keinen Zugriff darauf hat). Und da war noch ein bisschen was drin. Es fehlen aber immer noch 1-1.5 Liter. Ich schätze, das ist der Hohlraum, welches für den Fall gelassen wurde, dass der Sprit sich ausdehnt / Benzindämpfe druck bauen etc.
Die Auswertung der Daten am Rechner haben meinen ursprünglichen Verdacht teilweise bestätigt. Der Tank geht am Anfang
nicht schneller leer als Tank ungefähr mittig, sondern langsamer. Aber gegen Ende geht der Tank wesentlich schneller leer.
Aus dem vereinfachten Widerstand / Tankfüllung Graph kann man erkennen, dass es mindestens drei Bereiche existieren:
- Fast lineare Abnahme, bis der Tank halbvoll ist
- Quadratische Abnahme von Halber Tank bis ca 12% Tankfüllung
- Die letzte 12% zeigt der Tankgeber durchgängig 100ohm.
Somit ist die frühere Näherungsfunktion, welches ich mal hier gepostet habe ungültig. Stattdessen muss folgende Funktion verwendet werden:
Ausblick
Diese Formel ermöglicht interessierte Personen das innere der XJ Tanks zu modellieren. Es wäre durchaus möglich, die obere Formel abzuleiten bzw durch Differenzialgleichung das örtliche Volumen zu berechnen. Die einzigen Herausforderungen dabei sind meines Erachtens, wie oben schon beschrieben, der rechte Flügel, wo einiges an Sprit tot rumliegt (da ich dazu keine Daten haben kann) und der tote Bereich unter 12% Tankmenge.
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Stefan aus Karlsruhe lässt grüßen